Vom Manuskript bis zur Veröffentlichung

Vom Manuskript bis zur Veröffentlichung #3 Die Kunst des Überarbeitens

12. April 2023
Die Kunst des Überarbeitens
Die Kunst des Überarbeitens

Die Kunst des ÜberarbeitensIch habe schon viel über das Überarbeitens geschrieben und weil ich mich ungern wiederhole, hier nun ein etwas anderer Ansatz. Die Kunst des Überarbeitens nenne ich diesen Beitrag, weil angehende Autor:innen bei Überarbeitung an eine Art Korrektur denken. Dabei ist es viel mehr. Okay, richtig, es gibt ein Lektorat und ein Korrektorat – Dinge, die gewöhnlich Aufgabe des Verlages sind – und diese Durchgänge haben sehr wohl ihre Berechtigung und haben durchaus mit Korrekturen zu tun. Und es wird hier auch Abschnitte über diese Art der Überarbeitung gehen, aber es gibt eine Überarbeitung, die liegt ganz in den Händen der Autor:in. Und gerade, wenn das Manuskript noch nicht bei einem Verlag untergebracht ist, lohnt es sich, sehr viel Zeit mit dieser Art des Überarbeitens zu verbringen. Vielleicht sogar mehr Zeit, als mit dem Schreiben des Buches.

Nun ist jede Autor:in anders und ebenso verschieden ist der Überarbeitungsprozess. Das muss du erst einmal über dich herausfinden. Ich – zum Beispiel –  überarbeite gerne beim Schreiben. Das heißt, ich lese mir bei Schreibbeginn die letzten Abschnitte durch und korrigiere, was sich für mich nicht stimmig anhört. Andere schreiben lieber wie im Rausch und überarbeiten in spezialen Arbeitsphasen, die nur der Überarbeitung gewidmet sind. Da ist jede anders und das ist gut so. Daher nenne ich es auch die Kunst des Überarbeitens, weil es – genau wie das Schreiben – eine sehr persönliche Sache ist und damit zusammenhängt, was die Autor:in will. Was ist ihr wichtig? Auf was kommt es ihr an?

Wie und was wird überarbeitet

Ein gutes Lektorat geht vom Großen zum Kleinen. So darfst du auch deinen Text überarbeiten. Wenn die Dramaturgie, die Spannungskurve, die Handlung deines Manuskripts noch nicht ausgewogen ist, dann ist es überflüssig, an einzelnen Worten oder Sätzen herumzubasteln. Fang also mit dem Grundgerüst deiner Geschichte an. Oder der Gliederung bei einem Sachbuch. Bauen die Kapitel gut aufeinander auf? Kannst du der Handlung gut folgen? Ist immer klar, worum es geht? Ist der Text spannend?

Erst wenn diese Punkte – eventuelle durch Überarbeitung – geklärt sind, darfst du dich mit den Kleinigkeiten beschäftigen. Wenn du eine Lektor:in im Verlag hast, kann es sein, dass du dein Manuskript mehrmals zurückbekommst. Erst sind es allgemein Änderungsvorschläge, dann, später, wird es spezieller.

Überarbeitung im Großen: Dramaturgie

Die meisten und insbesondere die Bücher, die sich auf dem Markt gut verkaufen, haben eine eindeutige Geschichte und Handlung. Diese folgt einer Dramaturgie. Das heißt, es gibt Höhepunkt, Tiefpunkte und Wendepunkte. Profiautor:innen sind diese Plotbewegungen schon ins Blut übergegangen, sie wissen, wann etwas gesehen muss, wann welches Rätsel gelöst werden sollte, wann welche Emotion wichtig ist. Schreibanfänger:innen haben hier oft mehr Probleme. Bücher, die eine Geschichte erzählen und keine gute Dramaturgie haben, sind oft: Langweilig, langatmig, verworren, konfus, verwirrend.

Das Gute ist: Da jede Autor:in auch Leser:in ist, kannst du dein Manuskript selbst überprüfen. Dazu ist ein gewisser Abstand notwendig, da wir dazu neigen, etwas, was wir selbst gemacht haben, ganz großartig zu finden. Daher ist es gut, deinen Text nach dem Schreiben für eine Weile beiseite zu legen und mit Abstand wieder zu lesen, wenn du den Inhalt/Geschichte/Dramaturgie überprüfen möchtest. Wenn du deinen Text dann erneut liest, dann merkst du sehr schnell, wo und was sich weniger flüssig liest. Und dann heißt es: Änderungen vornehmen.

Manche Autor:innen beziehen schon sehr früh eine Lektor:in in den Schreibprozess mit ein. Das kann Zeit sparen. Doch Lektor:innen sind nicht ganz billig. Und die Billigen oftmals nicht so gut.

Profilektor:innen

Wenn du es ganz richtig und sicher haben willst, dann wende dich an die Textprofis im Verzeichnis des Verbands der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL). Im Lektoratsverzeichnis des VFLL findest du Profile und Kontaktdaten von über 900 hochqualifizierten Fachkräften für Textdienstleistungen. Das wird nicht ganz billig, rechne mal 6-10 Euro pro Manuskriptseite, bei Profis wird es eher noch teurer.

Was machen die denn? Nun, das hängt auch ein wenig davon ab, was du brauchst. In der Regel kümmern sich Lektor:innen um zwei Dinge: Den Inhalt (also Dramaturgie, Schlüssigkeit der Szenen, Figurenführung, Dialog) und den Stil (Sprache, Formulierungen, Satzlängen, Vorwahl). Das nennt sich dann ein Inhalts- und Stillektorat.

Du kannst auch außerhalb des Verbandes der Lektorinnen und Lektoren sehr gute Hilfe für ein Lektorat finden. Viele Autor:innen habe sich selbstständig gemacht und helfen anderen Autor:innen bei ihren Texten. Ein Beispiel ist Heike Abidi. Ich kenne sie von Oetinger, wo wir beide Bücher in die PINK Reihe geschrieben haben, aber Heike ist auch eine sehr gute Texterin (für kurze Werbetexte) und sie bietet Lektorat und Korrektorat bei abidiext.de an. Und dann gibt es auch viele freiberufliche Lektor:innen, die das Lektorieren zu ihrem Beruf gemacht haben. Ein Beispiel: Katharina Glück.

Dies sind nur zwei Beispiele für viele freie Lektor:innen, die du finden kannst, wenn du dich per Stichwortsuche im Internet umsiehst. Die Preise werden nicht unbedingt niedriger, denn auch dies sind Textprofis, auch wenn sie nicht im Verband der Lektor:innen sind.

Textanalyse

Wenn du dich bei Facebook umschaust, dann wirst du auch Lektor:innen finden, die wesentlich günstiger sind. Vielleicht nehmen sie nur 4-6 Euro pro Manuskriptseite. Die Frage ist, ob sie versiert und erfahren genug sind, um deinenText analysieren zu können. Denn das ist eine sehr wichtige Fähigkeit, wenn du deinen Text überarbeitest oder überarbeiten lässt. Denn es geht nicht nur um den Kleinkram im Text, die falschen oder richtigen Worte, sondern auch, ob das Gesamtergebnis am Ende gut ist. Ob der Text strahlt, die Leser:innen anzieht, spannend zu lesen ist. Ob er flüssig und klar ist.

Und hier brauchst du eine Lektorin, die entweder sehr erfahren ist oder sich zumindest mit der Art von Text auskennt, die du schreibst oder schreiben möchtest. Denn bei einem Liebesroman kommt es auf etwas andere Lektoratsfähigkeiten an, als bei einem Sachbuch oder einem historischen Roman. Daher wählen Verlage ihre Lektor:innen bei Auftragsvergabe auch sehr sorgfältig aus. Und – manchmal wird es sogar schwierig, die richtige Lektor:in für ein Buch zu finden, weil sich die Lektor:in auch sehr wohl mit ihrer Arbeit fühlen muss. Anders gesagt: eine Beziehung zu dem Text aufbauen möchte.

Deine Lektor:in

Und natürlich musst du auch eine Beziehung zu der Lektor:in aufbauen können. Lektor:innen müssen streng und manchmal auch hart mit dir sein. Ein Lektorat zurückzubekommen, ist immer etwas schmerzhaft. Warum soll das raus? Wieso versteht sie/er diese Stelle nicht? Der erste Reflex ist, sich sofort zu verteidigen und zu erklären. Nope – das ist nicht die bester erste Reaktion. Lieber einen Tag drüber schlafen und alles sacken lassen. Dann die Kommentare (gute Lektor:innen kommentieren wichtige Änderungen) lesen und verstehen, was die Lektor:in dir erklären will. Es hat auch keinen Sinn, zu glauben, nur diese eine Lektor:in würde da was nicht richtig verstehen und die nächste werde das alles ganz anders sehen. Sicher hat jede Lektor:in etwas andere Anmerkungen, aber eine gute Lektorin hat immer recht, wenn sie etwas anstreicht. Ihr Lösungsvorschlag ist nicht immer richtig “Wie wäre es, wenn du…”, aber die Kritik ist es nach meiner Erfahrung zu 99 %

Das musste ich auch lernen, obwohl ich Kritik schon gewohnt war, im Drehbuchbereich musste ich ständig ändern. Daher war ich überrascht, wie schwer es für mich war, die ersten Korrekturen anzunehmen. Heute ist es anders, nach 15 Verlagsbüchern mit 6 verschiedenen Lektorinnen habe ich gelernt, mit den Anmerkungen umzugehen. Und ich bin extrem dankbar für Menschen, die diesen Job machen.

Überarbeitung im Kleinen

Nicht immer wird in Büchern eine eindeutige Geschichte erzählt. Manchmal geht es mehr um eine Suche, eine Stimmung, die Beschreibung eines Zustandes. Hat das Buch keine eindeutige Geschichte, dann werden andere Punkte wichtiger. Also der Stil und die Sprache, der Ausdruck der Autor:in.

Wie ich oben schon sagte, gibt es im Lektorat meist ein Text und ein Stillektorat. Das Stillektorat beschäftigt sich mit dem, was in der Schule früher “Ausdruck” hieß. Wie gewählt und elegant kannst du dich ausdrücken? Kommst du mit komplexen Satzstrukturen zurecht? Findest du die richtigen Worte? Wie groß ist dein Wortschatz?

Verwendest du ständig die gleichen Worte, ist alle Hammer und Super oder hast du auch noch andere Worte für deine Begeisterung? Und auch hier brauchst du eine Lektor:in, die sich mit der Textsorte auskennt, die du schreibst. In Jugendbüchern kommen ganz andere Worte vor, als in einem historischen Roman. In einem historischen Roman wird geschwänzelt oder getänzelt, verbeugt und angerichtet und in einem Jugendbuch gibt es sehr viel Umgangssprache und Anglizismen. Klar willst du nicht, dass im Jugendbuch ein super gegen ein hervorragend ersetzt wird. Es gibt kein so ist es auf jeden Fall richtig und gut, sondern nur die passende Sprache für das richtige Genre.

Unter Profis ist das dann schon das Feinlektorat, also die kleinen Feinheiten eines Manuskripts. Hier sind Lektor:innen extrem hilfreich, weil sie mit einem Auge von außen kommen. Dir fällt gar nicht mehr auf, dass du ständig die gleichen Worte verwendest, einer Lektor:in schon.

Billige Alternativen zu Lektor:innen

Wenn du dir eine Lektor:in nicht leisten kannst und auch schon beschlossen hast, dass du es selbst veröffentlichen möchtest, dann rate ich dir, dir Testleser:innen zu suchen. Nicht unbedingt deine Eltern und Freund:innen, sondern lieber andere Autor:innen, oder Vielleser:innen, die das oftmals gerne machen. Vier Augen sehen mehr als zwei und Vierzig mehr als Zwanzig. Sei allerdings darauf gefasst, dann sehr viele Meinungen und Anmerkungen zurückzubekommen, die manchmal auch verwirrend sein können. Am besten hast du eine Gruppe von Testleser:innen, die du später mit Lesexemplaren oder Geschenken belohnst. Am besten ist vorher klar, was ihr miteinander vereinbart. Ganz wichtig: Diese Menschen tuen dir einen Gefallen. Es ist nicht so, dass es nicht genügend gute Bücher auf dem Markt gibt, die sie statt deinem Manuskript lesen könnten. Meist haben Testleser:innen ihre eigene Motivation, möchten aus den Fehlern anderer lernen, wollen vielleicht später von der Lektoratsarbeit leben oder selbst ein Buch schreiben. Egal, was sie an deinem Manuskript kritisieren, es ist ihr Versuch, dir zu helfen.

Dein Stil

Bei all den Korrekturen solltest du darauf achten, dass dein Stil erhalten bleibt. Vielleicht willst du Wiederholungen, das hast du extra so gemacht und es soll bleiben. Dann erkläre das gut und schlüssig. Niemand kennt deinen Text besser als du, also liegen auch die letzten Entscheidungen bei dir. Und damit auch die Endverantwortung für den Text. Das kann dir keine/r abnehmen.

Ich habe eine Checkliste erstellt, mit der du überprüfen kannst, ob du fertig für eine Veröffentlichung oder Verlags/Agenturbewerbung bist. Interessiert dich die Checkliste, dann klicke auf diesen Link oder das Bild und schreib dich in unseren Newsletter ein. Weil wir sehr vorsichtig mit dem Datenschutz sind, geht es ein paar mal hin und her und dann bekommst du den Download-Link und in Zukunft auf alle kommenden Worksheets von uns.

Korrektorat

Ein Korrektorat hat nichts mit einem Lektorat zu tun. Deine Lektorin ist nicht dafür verantwortlich, alle Rechtschreibfehler in deinem Text zu finden. Im Verlag ist das ein ganz anderer Job, der zum Beispiel an an Textbüros vergeben wird. Hier musst du noch einmal in die Tasche greifen und für Profis 3-6 Euro pro Manuskriptseite zahlen. Es kann also sein, dass du, wenn du selbst veröffentlichst, mehr für Lektorat und Korrektorat zahlst, als du jemals mit deinem Buch verdienst. In einem Verlag wird dir diese Arbeit abgenommen, daher ist es trotz der vielen Vorteile, die das Selfpublishing hat, immer noch sehr attraktiv in einem Verlag zu veröffentlichen. Um das Korrektorat und die Frage, wie du dein Manuskript fehlerfrei bekommst, geht es in einem späteren Blogartikel noch einmal. Denn Fehler sind zwar menschlich und im Grunde unvermeidlich, aber es gibt Wege, wie man sie so gut wie möglich vermeiden kann.

Im nächsten Beitrag geht es um die Gliederung von Büchern. Also Kapitel und Prolog, Epilog und Vorwort. Eine gute Gliederung ist besonders für das Sachbuch wichtig, weshalb ich hier einen zusätzlichen Schwerpunkt lege. Bis dahin:

Schreib gut und sei glücklich!

xoxo

Katrin

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