Buchmarkt

Buchhandel: Geniallokal.de – Ist es das?

8. September 2014

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Eine gemeinsame Plattform für den Buchhandel

Die Genossenschaft der starken und kompetenten Buchhandlungen, eBuch und der führenden Buchgroßhändler Libri, schieben genialokal.de an den Start. Eine Art gemeinsamer Plattform, auf der die Webshops der lokalen Buchhändler unter dem Motto: weg vom individuellen Auftritt zusammengefasst werden. Aus meiner Sicht die geniale Kombination sämtlicher Nachteile von lokalem Buchhandel, Webshops und Buchversand.

Wie funktioniert’s?

Auf der Hauptseite suchen Kunden durch Eingabe der Postleitzahl oder des Ortes einen Händler – oder finden ihn über Geolocation – klicken sich weiter bis zu dessen Webshop, wo sie schließlich einkaufen. (Börsenverein) Sie können in nahezu Echtzeit sehen, ob das Buch vorrätig ist oder bestellt werden muss. Dann kann der Kunde es wahlweise dort abholen oder sich nach Hause schicken lassen.

Kann das funktionieren?

Doch – warum sollte ich mich als Leser an den Buchhändler meines Vertrauens wenden, wenn ich ihn erst über Geolocation finden muss? Warum sollte ich auf die einzigen Vorteile eines lokalen Buchhändlers verzichten, nämlich seine individuelle Beratung, seine subjektive Auswahl und die Präsentation seiner vorrätigen Titel, in denen ich stöbern kann (und auf seinen hoffentlich guten Cappuccino, den er mir anbieten kann) und stattdessen auf eine explizit unindividuelle Plattform wechseln? buchhandelWarum sollte ich mir das Buch dann abholen, das libri erst zu ihm geschickt hat, statt gleich zu mir? Weil ich vielleicht weiß, dass er dann an dem Buch verdient und bei Versand nur im Falle eines Überschusses nach einem Verteilungsschlüssel beteiligt wird? Also aus Nettigkeit?

Kill your darlings

So gern ich meine belesenen Buchhändler auch mag, in diesem Geschäftsmodell scheinen sie mir nur ein Kostenfaktor zu sein. Warum baut Libri diese Plattform nicht allein (oder in einem joint venture mit den anderen Barsortimentern)? Wenn sie mit ihrer Logistik, Bücher innerhalb weniger Stunden in die Buchhandlungen bringen können, sollten sie doch in der Lage sein, sie gleich zu mir zu bringen. Wie viel günstiger könnten die Bücher sein, oder wie viel mehr könnten die Autoren verdienen, wenn die 35-40% Buchhandelskosten wegfallen würden. Oder wie viel Geld könnten die Sortimenter in den Ausbau ihrer Logistik stecken, wenn sie nicht mehr nur Ihre Grosso Rabatte, sondern auch einen Teil der Buchhandelsrabatte einstreichen könnten, weil sie nicht mehr nur Zwischenhändler wären, sondern echte Vertriebsplattform?

Mir scheint, da hat sich eine gehörige Portion Sentimentalität in das Geschäftsmodell geschlichen. Das ist zwar sympathisch, rechnet sich aber nicht. Jeder Autor weiß, um etwas Großes zu schaffen, heißt es oft: kill your darlings. Das fällt nicht immer leicht. Aber so ist es auch hier: Kill your darlings, auch wenn es diesmal den Buchhandel betrifft.

Die wirklich guten Buchhandlungen werden eh noch eine ganze Weile bleiben – schon allein wegen des Kaffees ;)

  • Evy
    6. Januar 2015 at 15:05

    Ich finde es gut, vorher abchecken zu können, ob mein Buch im Laden ist. Aber … wenn sich regionale Händler noch um einen Shop kümmern müssen… das ist aufwand :-(

    Der Link funktoniert übrigents nicht.

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